Das bedeutet Barrierefreiheit für B2B-Commerce
Im „Offline-Leben“ regeln Gesetze den Schutz vor Diskriminierung, die Verpflichtung zum Bau von Rollstuhlrampen und automatischen Türen und die Konstruktion barrierefreier Verkehrsmittel. Ähnliche Vorschriften gelten inzwischen auch für Websites, einschließlich E-Commerce-Shops.
Wir wollen die Bedeutung der Barrierefreiheit und der dieses Ziel begleitenden gesetzlichen Regelungen für den EU-Markt (und ein bisschen auch für den amerikanischen) in diesem Artikel besprechen. Es geht um die WCAG-Kriterien (Web Content Accessibility Guidelines), das US-Bundesgesetz ADA (Americans with Disabilities Act) und welche Bedeutung es für den internationalen Markt hat. Und auch darum, was Ihnen Oro abnimmt, damit Sie Ihren Kunden ein behindertengerechtes Einkaufserlebnis im B2B-Commerce ermöglichen.
Was bedeuten WCAG und ADA Compliance?
Die WCAG (Web Content Accessibility Guideline) ist eine Richtlinie auf EU-Ebene und regelt Anforderungen für die Barrierefreiheit im Internet. Ihre Vorgaben sind vielerorts bereits in nationales Recht übernommen worden oder haben staatliche Regelungen beeinflusst. Darüber hinaus strahlt das Regelwerk in die USA und bildet für das US-Gesetz ADA (Americans with Disabilities Act) den technisch-organisatorischen Referenzrahmen.
Während die WCAG Rahmenbedingungen und technische Grundlagen für einen hürdelosen Zugang zum Internet beschreibt, ist das ADA ein Gesetz. Es enthält eine Reihe von Anforderungen, die Unternehmen erfüllen müssen, um behinderten Menschen die Abwicklung von Geschäften zu erleichtern.
Für Unternehmen, die ihre Angebote auch auf dem amerikanischen Markt ausspielen, heißt das: Nach dem ADA diskriminiert man Menschen mit Behinderungen, wenn bestimmte Website-Bereiche nicht barrierefrei gestaltet sind.
Die WCAG – 4 Prinzipien, 3 Anforderungslevel
Die Richtlinie stellt Prinzipien auf, was Barrierefreiheit im Netz bedeutet. Dazu gibt es technische Anforderungsbeschreibungen, die auf 3 Levels erfüllt werden können. Die WCAG 2.0 stellt in weiten Teilen auch die Grundlage für das ab 2025 geltende Barrierefreiheitsstärkungsgesetz dar. Die Anforderungslevel sind mit A, AA und AAA bezeichnet. Verwendete Technologie muss von außen prüfbar sein, damit bewertet werden kann, welchen Anforderungslevel eine Seite erfüllt. Um ausreichend bewertet zu werden, müssen Mindestanforderungen erfüllt werden.
Die Prinzipien der WCAG
Wahrnehmbarkeit – „Informationen und Komponenten der Benutzeroberfläche müssen für die Benutzer auf eine Weise darstellbar sein, die sie wahrnehmen können. Das heißt zum Beispiel, dass für Sehbehinderte alternative Bildbeschreibungen vorliegen müssen.
Bedienbarkeit – Die Komponenten der Benutzeroberfläche und die Navigation müssen bedienbar sein.
Die Schnittstelle soll insbesondere keine Interaktion erfordern, die ein Benutzer möglicherweise nicht durchführen kann. Das heißt zum Beispiel, dass neben einer Mauszeiger-Auswahl auch eine alternative Tasten-Bedienung vorgesehen werden kann.
Verständlichkeit – Informationen auf und die Bedienführung der Benutzeroberfläche müssen verständlich sein. Hier kommt es zum Beispiel auf die Klarheit des Seitenaufbaus und die Benennung von Buttons an.
Robustheit – Dieses Prinzip bezieht sich auf den Seiten-Content. Er soll möglichst fix erhalten bleiben, auch wenn Hilfsprogramme ihn lesen bzw. anders darstellen sollen. Das soll den Seitenzugang auch für weiterentwickelte Technologien zugänglich halten. Hier spielen zum Beispiel die Sprach-Interpretation von Inhalten hinein, wie Vorleseprogramme für Blinde. Seiteninhalte sollen für diese Art von Software krisenfest interpretierbar sein.
Warum Barrierefreiheit auch wirtschaftlich naheliegend ist
Etwa 4 von 5 Menschen mit Behinderung nutzen in Deutschland das Internet. Dazu gehören Menschen mit erheblichen Sehbehinderungen, Hörverlust, Bewegungs-, Sprach- und Lernschwierigkeiten.
Unabhängig von ihrer Behinderung repräsentieren diese Menschen zusammen eine Kaufkraft von etwa 5 Mrd. Euro (brt. Verdienst EU 2019) und sind besonders solchen Unternehmen gegenüber loyal, die sich auf ihre Bedürfnisse einstellen. Gleichzeitig ist für sie das Internet oft der effizienteste Weg, um mit Ihrem Unternehmen in Kontakt zu treten und Geschäfte zu tätigen bzw. agieren aus Unternehmen heraus ohnehin beruflich im Netz. Beide Aspekte sind im B2B relevant.
Darum sollten Websites auch unabhängig von gesetzlichen Vorgaben barrierefrei sein:
- Websites sind digitale Versionen physischer Standorte – und der elektronische Handel ist ein perfektes Beispiel dafür. Genauso wie ein physisches Geschäft über Parkplätze für Rollstuhlfahrer und eine Rampe verfügen muss, müssen auch Websites für Menschen mit Behinderung zugänglich sein.
- Nutzerfreundlichkeit nützt allen. Wenn Sie eine Website für Menschen mit Behinderungen entwickeln, dann entwickeln Sie sie automatisch für alle.
- Abgesehen von möglichen rechtlichen Problemen riskieren Sie bei fehlender Barrierefreiheit auch die negative Wirkung Ihres öffentlichen Auftritts.
Was passiert, wenn Sie sich nicht an die Vorgaben zur Barrierefreiheit halten?
Noch kommt es darauf an, welcher Art Ihre Organisation ist. Unternehmen, die Aufträge nach EU-Vorgaben ausschreiben müssen und damit in einer konkreten Weise dem öffentlichen Recht unterliegen, sind jetzt schon an konkrete Vorgaben gebunden. Ab 2025 unterliegt dann auch weitgehend der gesamte privatwirtschaftliche Sektor gesetzlicher Regelung. Dann nämlich tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz in Kraft.
Generell stellt sich die Frage, ob Sie sich von Gesetzen und Regelungen treiben lassen wollen oder müssen. Eine barrierefreie Website stellt eine enorme Marktchance dar, insbesondere in der Folge von COVID-19 und dem drastischen Anstieg von Online-Kaufaktivitäten.
Neben rechtlichen Erwägungen sollten darum B2B-Unternehmen, die ihren Umsatz steigern möchten, die Barrierefreiheit ihrer Website ernst nehmen.
Umgekehrt steht bei ausbleibender Anpassung auf dem Spiel:
Geringe Kundenbindung
Eine Commerce-Website, die intuitiv zu bedienen ist und den Einkauf erleichtert, wird mehr Umsatz bringen. Der Aufbau einer intuitiven Website beginnt jedoch damit, dass Sie Ihre Nutzer verstehen. Wenn es um Benutzer mit Behinderungen geht, müssen Sie herausfinden, was für sie intuitiv ist – oder Sie riskieren, sie an die Konkurrenz zu verlieren.
Laut einer US-Umfrage von Accessible by Design fühlten sich 81 % der Befragten bei fühlende fehlender Barrirefreiheit nicht angesprochen. 40 % würden Marken, deren Auftritt sie als einschränkend empfinden, nicht empfehlen oder bei ihnen kaufen. Vor diesem Hintergrund können Unternehmen es sich nicht leisten, diese Zielgruppe zu ignorieren – unabhängig davon, ob sie zu Ihrem Zielmarkt oder zu einem breiteren Publikum gehört.
Risiko von Gerichtsverfahren
Verstöße gegen Regelungen der Barrierefreiheit können zu Klagen und Beschwerden gegen Unternehmen führen. Auch staatliche Stellen können aufgrund von Beschwerden von Unternehmen oder Privatpersonen Untersuchungen einleiten oder selbst tätig werden. Ab 2025 wird es in diesem Bereich noch einmal wichtiger, eine korrekt funktionierende und darstellende Website zu betreiben. Aber bestimmte Zugänglichkeitskriterien sind bereits vorher verpflichtend – insbesondere dann, wenn Sie mit Ihrer Website Aufträge der Öffentlichen Hand umsetzen.
Die am häufigsten betroffenen Wirtschaftszweige
Behörden haben in der Vergangenheit wiederholt auf die WCAG 2.0 / AA verwiesen, wenn sie objektiv beurteilen mussten, ob Websites ausreichend barrierefrei zugänglich sind. Bei Nichteinhaltung besteht also die Gefahr, dass Sie sich tatsächlichen Gerichtsverfahren und Strafen aussetzen.
Eigenschaften, die barrierefreie Websites benötigen und wie Oro Ihnen bei der Umsetzung hilft
Der Oro-Anspruch ist, Ihnen so viel wie möglich von dem abzunehmen, was die WCAG, das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz und ADA von Ihnen fordern (je nachdem, auf welchem Markt Sie tätig sind). Wir haben verschiedene Funktionen weiterentwickelt, um sicherzustellen, dass OroCommerce und OroMarketplace mit den sich schnell ändernden Anforderungen an Websites Schritt hält, von SEO über Datenschutz, bis zur Barrierefreiheit.
Mit OroCommerce 4.2 LTS und der nachfolgenden Version 5.0 haben wir zahlreiche Funktionen eingeführt, die WCAG 2.0 Level AA und ADA Level 2 erfüllen. Dazu gehören die folgenden:
Menüs:
- Mit der Tabulatortaste können die Benutzer zwischen den Elementen vor- und zurückblättern, und die ausgewählten Elemente sind leicht zu erkennen (mit einem Rahmen versehen).
- Die Benutzer können auch mit den Pfeiltasten durch das Menü navigieren, und wenn sie über das letzte Element hinausgehen, gelangen sie zum ersten.
- Die Benutzer können Menüs und Dropdown-Elemente mit der Eingabetaste oder den Pfeiltasten öffnen.
- Menüs, Dropdowns und Pop-ups können mit der Esc-Taste geschlossen werden.
Bilder:
- Frontend-Bilder haben Alt-Attribute. Dabei handelt es sich um kurze Beschreibungen im Code, die den Inhalt des Bildes beschreiben. Sie ermöglichen es Bildschirmlese-Programmen, diese Bilder genau zu beschreiben.
Formulare:
- Felder haben LABEL-Tags, die jedem Feld durch das ID- und FOR-Attribut sowie durch das ARIA-LABEL-Attribut zugeordnet werden. Letzteres wird für die Beschreibung interaktiver Elemente verwendet.
- Sie verfügen über ein ARIA-INVALID-Attribut in jedem Feld. Es zeigt an, ob der Wert der Eingabe in einem Format vorliegt, das das Formular akzeptiert.
- Wenn beim Absenden von Formularen Fehler auftreten, können Benutzer diese mit Tastaturbefehlen ansprechen und erhalten Erklärungen in einem visuellen Format.
- Wenn das Formular erfolgreich abgeschickt wird, können sehbehinderte Benutzer akustisch darauf hingewiesen werden.
Schaltflächen und Links:
- Schaltflächen und Links haben die Attribute TEXT, TITLE und ARIA-LABEL. Bei erweiterbarem Inhalt werden unterhalb des gekürzten Textes „Weiterlesen“-Links angeboten.
- Die Links heben sich deutlicher vom normalen Text ab.
- Die Tastaturnavigation ermöglicht den Zugriff auf Links.
- Visuelle Indikatoren zeigen an, ob Links in einem neuen Fenster geöffnet werden.
Dieser Leistungsumfang bringt Sie nicht nur in eine bessere Ausgangslage gesetzlichen Erfordernissen gegenüber. Sie sind auch international besser aufgestellt, denn Klarheiten und interaktiv ansteuerbare Elemente sind in fast allen nationalen und internationalen Regelungen von großer Bedeutung. Ganz abgesehen davon, dass Ihre Kunden von den geringen Hürden im gesamten Einkaufsprozess profitieren.
Barrierefreiheit im B2B-Commerce ist wichtig
Wie erwähnt: Wenn Sie Ihre B2B-Commerce-Prozesse und -Websites benutzerfreundlich und barrierefrei (oder zumindest barrierearm) gestalten, werden sie von mehr Menschen genutzt. Auch gesetzlich müssen ab 2025 alle Unternehmen Mindestanforderungen an die Barrierefreiheit erfüllen. Die Nichteinhaltung von Standards bringt auf der anderen Seite eine Reihe von Problemen mit sich, von schlechten Kundenerfahrungen, öffentlichen Diskussionen bis zu rechtlichen Problemen. Das treibt uns an, so vielen Unternehmen wie möglich den Kontakt mit ihren Kunden zu erleichtern.